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AutorenbildDavid Büsser

Die Evolution der Pflanzen

Aktualisiert: 19. Sept. 2023

Wildpflanzenliebhaber/-innen treffen draussen in der Natur immer mal wieder auf Farne, Schachtelhalme, Bärlappe oder Moose. Beim Blick in die Bestimmungsliteratur liest man dort dann irgendwelche Begriffe wie «Sporen», «Sporangien», «Gametophyten», etc. während man Blüten und Früchte vergebens sucht. Irgendwie muss also die Fortpflanzung bei diesen Pflanzen anders funktionieren, zumal auch die Frage aufkommt, was mit den vorher genannten Begriffen überhaupt gemeint ist. Spätestens dann bist du inmitten des Themas «Evolution der Pflanzen» angelangt, welche nicht nur aus theoretischen Abhandlungen besteht, sondern draussen ganz praktische Anwendungen besitzt.

Evolution der Pflanzen / Wildpflanzen, Entwicklung Alge > Landpflanzen, Moos / Moospflanzen > Gefässpflanzen, Gefässsporenpflanzen > Samenpflanzen, Nacktsamer (Gymospermen), Bedecktsamer (Angiospermen); Aufbau, Lebenszyklus und Fortpflanzung der Zwischenstufen; Riesen_Schachtelhalm ein lebendes Fossil

Riesen-Schachtelhalm (Equisetum telmateia), ein lebendes Fossil

Quelle: Cultureel Gelderland - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=119187643


In diesem Artikel stelle ich die Evolution der Pflanzen chronologisch vor und zwar von den frühen Moospflanzen bis zu den komplexen Bedecktsamern. Dabei werde ich jeweils auf den Aufbau und den Lebenszyklus der verschiedenen evolutionsgeschichtlichen Entwicklungsstufen (Moospflanzen, Gefässsporenpflanzen, Nacktsamer und Bedecktsamer) eingehen.


Inhaltsverzeichnis


Evolution der Pflanzen / Wildpflanzen, Entwicklung Alge > Landpflanzen, Moos / Moospflanzen > Gefässpflanzen, Gefässsporenpflanzen > Samenpflanzen, Nacktsamer (Gymospermen), Bedecktsamer (Angiospermen); Aufbau, Lebenszyklus und Fortpflanzung der Zwischenstufen; Überblick

Die Evolution der Pflanzen in einer Grafik zusammengefasst

Quelle: Maulucioni - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53087053


Entwicklung der ersten Pflanzen - (4.5 Mia. bis ca. 450 Mio. Jahren vor heute)


Die Erde ist ca. 4.5 Mia. Jahre alt. Erstes primitives Leben dürfte sich bereits sehr früh entwickelt haben. Ab ca. 3.5 Mia. Jahre vor heute sind die ersten Bakterien nachgewiesen. Diese haben vor allem im Bereich hydrothermaler Schlote der Tiefsee gelebt und dürften sich durch die Oxidation der dort austretenden Stoffe (Wasserstoff, Schwefelwasserstoff, etc.) «ernährt» haben. Bei den Cyanobakterien entwickelte sich vor ca. 2.5. Mia. Jahren die Photosynthese. Damit war eine autotrophe Ernährung möglich, d.h. die Lebewesen konnten ihre benötigten Nähr- und Baustoffe (Zucker) selbst herstellen. Von nun an wurde die Erdatmosphäre mit Sauerstoff angereichert, da dieser ja ein Abfallprodukt der Photosynthese darstellt. Mit dem Sauerstoff bildete sich in der Stratosphäre die Ozonschicht, welche ein Grossteil der schädlichen UV-Strahlung fernhält und den (viel späteren) Landgang der Organismen erst möglich machte. Mit der Zeit bildeten sich auch die ersten einzelligen Eukaryonten (die ab ca. 1.5 Mia. Jahren vor heute fossil nachgewiesen sind). Bei den Eukaryonten befindet sich das Erbgut innerhalb eines abgeschlossenen Zellkerns. Zusätzlich besitzen sie Mitochondrien zur Energiegewinnung. Ein solcher früher einzelliger Eukaryont dürfte (gemäss der Endosymbiontentheorie) nun eines Tages ein photosynthetisch aktives Cyanobakterium in seine Zelle aufgenommen und dabei nicht «verdaut» haben. Daraus hat sich jedoch eine gegenseitige Symbiose ergeben und dadurch entstanden die Algen als photosynthetisch-aktive Eukaryonten. In dessen Zelle entwickelten sich die ehemals aufgenommenen Cyanobakterien zu den Chloroplasten. Je nach Definition werden die Algen bereits zu den Pflanzen gezählt. Sie waren erst einzellig, doch mit der Zeit entwickelten sich daraus auch mehrzellige Organismen


«früher Eukaryont + Cyanobakterium = Pflanze»


Evolution der Pflanzen / Wildpflanzen, Entwicklung Alge > Landpflanzen, Moos / Moospflanzen > Gefässpflanzen, Gefässsporenpflanzen > Samenpflanzen, Nacktsamer (Gymospermen), Bedecktsamer (Angiospermen); Aufbau, Lebenszyklus und Fortpflanzung der Zwischenstufen; Algen, die ersten Pflanzen

Algen gehören zu den ersten Pflanzen.

Quelle: Ryan Hodnett - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=103340277


Landpflanzen / Moose(ab ca. 450 Mio. Jahren vor heute)


Aus im Wasser lebenden Algen entwickelten sich vor ca. 450 Mio. Jahren (Ordovizium) schliesslich die ersten Landpflanzen (Reich der Embryophyta). Der Landgang hatte dabei gewisse Nachtteile, denn nun mussten sich Strukturen zum Schutz vor Austrocknung bilden. Ein grosser Vorteil auf dem Land ist jedoch, dass die Sonneneinstrahlung und somit die Produktivität der Photosynthese höher ist. Die ersten Pflanzen, welche in grösserem Stil das Festland besiedelten, waren vermutlich einfache Moospflanzen. Bei den Landpflanzen existieren heute die 4 Abteilungen:

  • Lebermoose

  • Laubmoose

  • Hornmoose

  • Gefässpflanzen

Leber-, Laub- und Hornmoose werden gemeinhin als Moose oder Moospflanzen bezeichnet. Dass sie sich bereits früh aus den Wasserpflanzen entwickelten, ist heute noch daran erkennbar, dass sie in ihren Lebensraum auf schattige, feuchte Standorte angewiesen sind. Ihr Aufbau ist vergleichsweise primitiv. Gewisse Arten sind in Stängel und Blätter gegliedert, andere bilden nur ein Lappen-artiges Gewebe (das «Thallus» genannt wird). Leitungsgewebe (Xylem und Phloem) existiert noch nicht. Es sind jedoch bereits wurzelartige Strukturen (Rhizoide) vorhanden. In der Wasseraufnahme, die immer über die gesamte Oberfläche erfolgt (bei gewissen Arten auch zu einem grossen Anteil über die Rhizoide) ist die Wasserregulation stark begrenzt, d.h. der Wassergehalt im Gewebe ist stark von den Wasserverhältnissen der Umgebung abhängig. Fehlt das Wasser, besitzen jedoch viele Arten die Fähigkeit über längere Zeit auszutrocknen, ohne abzusterben.

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Moos auf den Steinen. Moose brauchen feuchte Standorte!

Quelle: Frank Liebig - Archiv Frank Liebig, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=88994401


So etwas wie Blüten und Früchte existierte damals noch nicht. Der Lebenszyklus der Moose funktioniert also etwas anders. Das genetische Material der modernen Blütenpflanzen, wie auch bei uns Tieren, besteht in der Regel aus einem doppelten Chromosomensatz (diploid = «2n»), d.h. es liegt immer in zweifacher Ausführung vor (jeweils ein Chromosom von der Mutter- und eines von der Vaterpflanze). Bei den Moospflanzen ist das etwas anders, dessen Gene liegen jeweils nur in einfacher Ausführung (haploid = «n») vor. So ein Organismus wird auch «Gametophyt» genannt.


Zur geschlechtlichen Vermehrung werden in speziellen Geschlechtsorganen des Gametophyten die Gameten (Spermien und Eizellen) gebildet (durch Mitose, also einfache Zellteilung). Die Spermien werden dabei ins Wasser entlassen (Wasser muss verfügbar sein!), wo sie zu einer anderen Pflanze schwimmen und dort die Eizelle, die sich in den weiblichen Fortpflanzungsorganen (Archegonien) befindet, befruchtet. Dabei entsteht eine Zygote mit einem doppelten Chromosomensatz (diploid = «2n»). Durch Zellteilung wächst daraus ein neuer sogenannter «Sporophyt» heran. Dieser bleibt fest mit dem Gametophyten verbunden ist, weil er von ihm Wasser und Nährstoffen versorgt werden muss. Im Sporophyten werden durch Meiose (d.h. Durchmischung der väterlichen und mütterlichen Gene) sogenannte «Sporen», d.h. teilungsfähige Zellen mit einem einfachen Chromosomensatz (haploid = «n»), gebildet. Die Sporen werden danach freigesetzt und durch Zellteilung entsteht daraus ein neuer Gametophyt. Bei den Moospflanzen gibt es sowohl zweihäusige (diözische, rein männlich oder weibliche Pflanzen), als auch einhäusige (monözisch, sowohl männliche, als auch weibliche Geschlechtsorgane auf einer Pflanze) Arten.

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Lebenszyklus einer Moospflanze

Quelle: bearbeitet aus ©Kazakova Maryia- stock.adobe.com


Also nochmal grob zusammengefasst:

  • im haploiden (n) Gametophyt als Hauptorganismus entstehen durch Zellteilung die einzelligen, haploiden Gameten (n)

  • zwei einzellige, haploide Gameten (Spermium und Eizelle, je n) vereinigen sich zur einzelligen, diploiden Zygote (2n)

  • aus der einzelligen, diploiden Zygote (2n) wird durch Zellteilung ein mehrzelliger diploider Sporophyt (2n) gebildet

  • im mehrzelligen, diploiden Sporophyten (2n) entstehen durch Meiose die einzelligen, haploiden Sporen (n)

  • aus den einzelligen, haploiden Sporen entsteht durch Zellteilung der einer neuer mehrzelliger, haploider Gametophyt (n) als Hauptorganismus


Gefässpflanzen(ab ca. 420 Mio. Jahren vor heute)


Bei den Gefässpflanzen fanden gegenüber den anderen Landpflanzen zahlreiche weitere Entwicklungsschritte statt. Sie waren durch anatomische Strukturen, die dem Wasserhaushalt diesen, zunehmend besser ans Leben bei Trockenheit angepasst. Damit konnten sie im Devon (vor 410 bis 364 Mio. Jahren) im grossen Stil das Land erobern.

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Aus den frühen Landpflanzen entwickelten sich die Gefässpflanzen, wie z.B. Farne

Quelle: Lung - mein Garten ;-), CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26640003


Eine Erneuerung ist die Bildung von Wurzeln, mit der Wasser und Nährstoffe aus dem Boden aufgenommen werden können. Die Wasseraufnahme ist so auch möglich, wenn die Oberflächen ausgetrocknet sind. Ausserdem wurden Strukturen geschaffen, die den Wasserverlust vermindern, wie ein dickes äusseres Abschlussgewebe (Kutikula) oder die Stomata, also Spaltöffnungen an der Kutikula, die sich öffnen und schliessen können (und dabei den Wasserhaushalt regulieren).


Eine Erneuerung waren auch spezialisierte Leitungssysteme («Gefässe»), die Wasser und Nährstoffe innerhalb der Pflanzen transportieren können. Neu ist auch das Auftreten von Lignin. Lignin ist ein polymerartiger Stoff, der dem Holz seine Härte verleiht. So ist also auch das «Holz» eine weitere Errungenschaft der Gefässpflanzen. Dieses ermöglicht den Pflanzen ein höheres Wachstum und dadurch traten auch erstmals Bäume auf. Weiter nahmen auch die Blätter an Grösse zu. Diese frühen Blätter werden «Mikrophylle» genannt. Diese sind klein, nadelförmig und weisen nur ein Leitbündel auf.


Auch beim Lebenszyklus gab es gegenüber den Moospflanzen ein paar Änderungen: Der eigentliche Hauptorganismus stellt von nun an der Sporophyt (2n) und nicht mehr der Gametophyt (n) dar. Letzterer ist dabei stark reduziert, jedoch noch alleine lebensfähig und wird «Prothallus» genannt. Bei vielen Gefässpflanzen bilden sich nun auch zwei verschiedene Sporentypen («Heterosporie»): Megasporen (weibliche Sporen) und Mikrosporen (männliche Sporen). Aus den Megasporen entsteht durch die Zellteilung ein weiblicher-, bzw. aus den Mikrosporen ein männlicher Gametophyt. Bei der Verbreitung der Spermien sind die Pflanzen aber weiterhin auf das Wasser angewiesen.

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Lebenszyklus eines Echten Farnes

Quelle: bearbeitet aus ©Kazakova Maryia- stock.adobe.com


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Gametophyt eines Baumfarns

Quelle: Velela assumed (based on copyright claims). - No machine-readable source provided. Own work assumed (based on copyright claims)., Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1149736


Die ersten frühen Gefässpflanzen, die mittlerweile ausgestorben sind, werden auch «Urfarne» genannt. Die Klasse der Bärlapppflanzen (u.a. mit der Gattung der Bärlappe, Moosfarne, …) zweigt in der Entwicklung relativ früh von den anderen Gefässpflanzen ab. Eine andere wichtige Gruppe der Gefässpflanzen stellen die Farne (u.a. mit den Klassen der «Echten Farne» und «Schachtelhalme») dar. Die Bärlapppflanzen und Farne werden auch die «Gefässsporenpflanzen» genannt.

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die Bärlapppflanzen zweigen in der Entwicklung innerhalb der Gefässpflanzen relativ früh ab (auf dem Foto ein Keulen-Bärlapp, Lycopodium clavatum)

Quelle: Calle Eklund/V-wolf - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11773820


Wenn wir uns die heutigen rezenten Gefässsporenpflanzen anschauen, finden wir eher kleine und krautige Pflanzen vor. Früher existierten davon aber auch zahlreiche Baumarten. So fanden sich im Karbon bereits bis zu 40 Meter hohe Bäume! Diese konnten jedoch nur feucht-warme Standorte besiedeln, da deren Wasserleitungssysteme noch nicht so effektiv waren. Relikte davon finden wir in der heutigen Steinkohle. Diese besteht aus verkohlter Biomasse der damaligen «Steinkohlewälder», die von Baumarten der Bärlappgewächse und Schachtelhalme dominiert waren. Als dann im Perm (ab ca. 300 Mio. Jahren) das Klima trockener wurde, starben die meisten dieser frühen Baumarten wieder aus.

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Illustration der nassen, karbonischen Steinkohlewälder, die von Baumarten der Bärlappgewächse und Schachtelhalme dominiert sind

Quelle: Leo Wehrli - This image is from the collection of the ETH-Bibliothek and has been published on Wikimedia Commons as part of a cooperation with Wikimedia CH. Corrections and additional information are welcome., CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68539795


Schachtelhalme: Davon sind heute weltweit nur noch 32 Arten vorhanden. Die Zähne an den Knotenpunkten sind die Blätter, bei denen es sich um Mikrophylle handelt. Diese betreiben keine Photosynthese. Die Sporen werden in kleinen Strukturen, den sogenannten Sporangien gebildet. Die zahlreichen Sporangien sind in einer zapfenförmigen Struktur («Sporophyllstand», auch "Sporenkolben" genannt) am Ende der Sprossachse angeordnet. Die Sporen sind isospor, d.h. es gibt keine Unterteilung in männliche und weibliche Sporen. Es gab früher jedoch auch heterospore Schachtelhalm-Arten, die aber alle ausgestorben sind.

Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense): Sprossachse mit den kleinen (dunkleren)

Blätter an den Verzweigungen (links), sowie dem «Sporophyllstand», in dessen Sporangien die Sporen gebildet werden (rechts)

Quellen: AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=79184761 (links) und Reaperman - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5232194 (rechts)


Echte Farne: Heute gibt es davon immerhin noch 11'000 Arten. Die allermeisten davon sind krautige Pflanzen, wobei in den Tropen auch einzelne baumförmige Arten auftreten. Bei den Blättern handelt es sich im Gegensatz zu den Schachtelhalmen um Megaphylle, also grösseren Blättern mit verzweigten oder parallel angeordneten Blattadern, die durch die Verwachsung von Mikrophyllen entstanden sind. Sie sind meistens gefiedert und bilden so die typische «Farnwedel»-Form. Meistens formen sich die Blätter in eingerolltem Zustand und rollen sich während des Wachstums schrittweise aus. Bei den rotbraunen Punkten auf der Blattunterseite, handelt es sich um «Sori», d.h. einer Ansammlung zahlreicher Sporangien. Sobald dort die Sporen reif sind, werden diese herausgeschleudert (das Sporangium platzt).

typische Blattform der Farne (links) und die Sori (Ansammlung von Sporangien, die Sporen bilden) auf der Blattunterseite (rechts)

Quellen: © Hans Hillewaert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16287318(links)und CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=144772 (rechts)


Samenpflanzen / Nacktsamer (Gymnospermen)(ab 380 Mio. Jahren vor heute)


Vor ca. 380 Mio. Jahren (Devon) entwickelten sich aus den Gefässpflanzen die ersten Samenpflanzen. Dazu gehören auch die Nadelbäume, die vor ca. 320 Mio. Jahren (Karbon) auftauchten und sogar in den Steinkohlewälder an den etwas trockeneren Standorten vertreten waren. Im späteren trockenen Klima zwischen und Perm und Trias (bis vor ca. 200 Mio. Jahre) konnten sie sich die Samenpflanzen rasch gegen die Gefässsporenpflanzen durchsetzen und dominieren seither die Vegetation der Erde. Innerhalb der Samenpflanzen unterscheidet man die Nacktsamer (Gymnospermen) und die Bedecktsamer (Angiospermen). Die Bedecktsamer entwickelten sich dabei erst viel später (siehe nächsten Abschnitt). So waren also lange Zeit nur die Nacktsamer dominant. Dazu gehören folgende Gruppen:

  • Nadelholzgewächse (u.a. Ordnung der Koniferen, d.h. der Nadelbäume)

  • Ginkgopflanzen (u.a. mit der Gattung «Ginkgo»)

  • Palmfarne

  • Gnetales

In Mitteleuropa finden wir heutzutage bei den Nacktsamern nur die Koniferen, d.h. die Nadelbäume.

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nun tauchen auch die Nadelbäume auf


Doch was genau ist bei den Samenpflanzen neu gegenüber den Gefässsporenpflanzen? Der Name sagt es bereits: Die Bildung von Samen, anstatt der bisherigen Ausbreitung mittels einzelliger haploider Sporen. Dabei wird der Embryo der neuen Sporophyten-Generation in den Samen gepackt, dort durch die Samenschale geschützt und mit einem Nährgewebe mit Nährstoffen versorgt. Damit kann der Embryo über eine längere Zeit ohne Austrocknung überleben und erst Keimen, wenn die Bedingungen günstig sind. Gewisse Samen warten ein paar Wochen, andere mehrere Jahre! Das Nährgewebe versorgt das neue Pflänzchen auch nach dem Keimen mit Energie, bis dieses selber Photosynthese betreiben kann.

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Samen der Arve (Zirbelkiefer, Pinus Cembra). Mit den Samen wird der Embryo der neuen Sporophyten-Generation geschützt und ernährt.

Quelle: F Ceragioli - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11534610


Bei den Nacktsamern treten ausserdem bereits einfach aufgebaute Blüten auf. Doch wo genau stecken nun die Gametophyten?

  • männlicher Gametophyt: Zur Ausbreitung der Spermien, die v.a. über den Wind erfolgt, werden Pollen gebildet. Dabei wird der gesamte männliche Gametophyt in die Pollen gepackt und dort durch die Schutzschicht (Sporoderm), das aus Gewebe des Sporophyten besteht, umhüllt.

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Der männliche Gametophyt steckt nun in den mikroskopisch kleinen Pollen. Diese werden in den primitiven männlichen Blüten gebildet (diese befinden sich bei der Waldkiefer in den beigen Zapfen)

Quelle: ©dachux21- stock.adobe.com

  • weiblicher Gametophyt: Der künftige Same bildet sich aus der Samenanlage, die sich in der weiblichen Blüte befindet. Dort ist er vor Austrocknung und schädlicher UV-Strahlung geschützt. Der weibliche Gametophyt, der auch Embryosack genannt wird, befindet sich dabei im Zentrum der Samenanlage. Der Embrysack bildet, je nach Art, eine oder mehrere Eizellen.

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Aufbau eines weiblichen Blütenzapfens am Beispiel der Waldkiefer (Pinus sylvestris). Innerhalb der Samenanlage befindet sich der weibliche Gametophyt, der Embryosack genannt wird.

(Quellen: zusammengesetzt und bearbeitet aus Nefronus - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=80856288 und Ivar Leidus, CC BY-SA 4.0


Landet nun ein Pollenkorn auf der weiblichen Blüte eines anderen Individuums, dann bildet der männliche Gametophyt einen Pollenschlauch, der das Spermium zur Eizelle des Embryosackes hin transportiert. Nach der Befruchtung wächst die Samenanlage dann zu einem Samen heran. Aus der befruchteten Eizelle bildet sich der Embryo, der die neue Sporophyten-Generation darstellt. Ein Teil des Embryosackes entwickelt sich zum Nährgewebe des Samens, welche somit aus Gewebe der Gametophyten-Generation besteht. Die Samenschale, d.h. die äussere Schutzschicht des Samens besteht wiederum aus Gewebe der alten Sporophyten-Generation.


Koniferen: Sie stellen die Mehrheit der heutigen Nacktsamer dar. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Holzpflanzen. Die in Europa weit verbreiteteste Familie sind die Kieferngewächse (Pinaceae). Deren Arten bilden Zapfen als weiblichen Blütenstände. Dabei handelt es sich um eine stark gestauchte Sprosssache. Die eigentlichen (primitiven) Blüten stellen die Seitenachsen dar, die «Samenschuppen» genannt werden (siehe Grafik oben). Auf deren Oberseite befinden sich die Samenanlagen. Als männliche Blütenstände bilden die Kieferngewächse ebenfalls Zapfen, doch diese sind etwas kleiner. Dessen Seitenachsen (primitive Einzelblüte) werden «Staubblätter» genannt. An dessen Unterseite werden die Pollen gebildet.

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Aufbau eines männlichen Blütenzapfens am Beispiel der Waldkiefer (Pinus sylvatica)

(Quellen: zusammengesetzt und bearbeitet aus CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=805275 und ©Kazakova Maryia


Bei der Befruchtung der Samenanlagen und deren Reifung zum Samen, entstehen aus den weiblichen Blütenständen die allseits bekannten «Tannenzapfen». Bei den nadelförmigen Blättern handelt es sich übrigens nicht um Mikrophylle, sondern um Megaphylle, die sich als Anpassung an die Trockenheit stark reduziert haben.

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Aufbau eines Zapfens der Waldkiefer (Pinus sylvatica). Bei der Reifung verholzt der Zapfen und nimmt an Grösse zu.

(Quelle: bearbeitet aus Nefronus - Own work, CC BY-SA 4.0,


Ginkgo: Die einzig überlebende Art stellt der Ginkgo biloba dar, der auch als «lebendes Fossil» bezeichnet wird. Er ist in China heimisch, wird aber auch gerne bei uns in den Gärten angepflanzt. Er ist resistent sind gegen Schädlinge und Luftverschmutzung. Die Blätter haben eine typische halbkreisförmige Form mit einer Einkerbung in der Mitte.

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Blätter des Ginkgo biloba. Ausgestorbene Arten der Ginkgopflanzen waren vor 150 Mio. Jahren (Jura) in der Vegetation Europas reich vertreten.

Quelle: Ladislav Luppa - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40801015


Bedecktsamer (Angiospermen)(ab ca. 100 Mio. Jahren vor heute)


Am Ende der Unteren Kreide begann sich das Erdklima zu erwärmen. Es war die Zeit, wo sich innerhalb der Samenpflanzen die Klasse der Bedecktsamer (Angiospermen) entwickelt hat. Dabei konnten sie sich rasch ausbreiten und spätestens ab dem Tertiär (ab 66 Mio. Jahren vor heute) dominieren sie weltweit die Landvegetation. Heutzutage sind von ihnen ca. 250'000 Arten vorhanden. Die Koniferen wurden dabei vor allem in die trockenen oder kalten Regionen verdrängt.


Die Bedecktsamer grenzen sich durch mehrere Merkmale von den übrigen Samenpflanzen (den «Nacktsamer») ab. Das wesentlichste Merkmal stellt die Bildung von Früchten dar, also einem Gewebe, welches die reifen Samen bedeckt (deshalb «Bedecktsamer»). Die Frucht schützt nicht nur den Samen, sondern hilft ihm auch bei seiner Ausbreitung durch diverse ausgeklügelte Strategien (mehr dazu im Artikel "Früchte der Wildpflanzen", Abschnitt «Verbreitung der Samen»)

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In einer Frucht (z.B. Apfel) werden die Samen von einem Gewebe (hier fleischig ausgebildet) umhüllt.

(Quelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2094427)


Das Fruchtgewebe bildet sich aus der Wand des ursprünglichen «Fruchtknotens», womit wir bei einem weiteren charakteristischen Merkmal sind: Den komplex aufgebauten Blüten. Diese bestehen u.a. aus männlichen (Staubblätter) und weiblichen (Fruchtblätter) Blütenorganen. Die Samenanlagen befinden sich dabei im Fruchtknoten an der Basis der Fruchtblätter (mehr zum Aufbau von Blüten der Bedecktsamer im Artikel «Blüten der Wildpflanzen»). Viele Blüten setzen auf die Bestäubung durch Tiere und bilden schöne Formen, Farben und Gerüche um Letztere anzulocken.

Blüte eines Apfels (links) und der generelle Aufbau von Blüten (rechts)

Quellen: Jamain - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32352197 (rechts) und


Der weibliche Gametophyt (Embryosack) wurde dabei weiter reduziert und besteht nur noch aus 7 Zellen. Der männliche Gametophyt (Pollenkorn) besteht sogar nur aus 3 Zellen, zwei davon sind Spermien, die sich in der grösseren dritten Zelle («Pollenschlauchzelle») befinden. Wenn der Pollen auf der Narbe des Fruchtblattes landet, bildet sich aus Letzterem der Pollenschlauch. Dieser wächst dem Transmissionskanal in Richtung Fruchtknoten zu den Samenanlagen. Dort entlässt er dann die zwei Spermien. Das eine Spermium befruchtet die Eizelle und aus der gebildeten Zygote geht der Embryo der neuen Sporophyt-Generation hervor. Das zweite Spermium befruchtet eine Zelle des Embryosackes, der «Polkern» genannt wird. Daraus bildet sich dann das Nährgewebe des Samens.

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grober Lebenszyklus eines Bedecktsamers

(Quelle: bearbeitet aus ©Aldona - stock.adobe.com)


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detaillierter Lebenszyklus eines Bedecktsamers

Quelle: LadyofHats - Neue Version von File:Lebenszyklus der Angiospermen.svg, File:Episyrphus balteatus male - top (aka).jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=97275423


Die viele Bedecktsamer bei der Bestäubung und Verbreitung der Früchte auf Tiere setzen, hat sich auch die Beziehung zwischen Tieren und Pflanzen intensiviert. Dabei wurden zahlreiche neue ökologische Nischen gebildet.

Gib den Tieren eine Belohnung: Biene beim Nektarsammeln auf einer Bedecktsamer-Blüte, was diese gleichzeitig bestäubt (links) und ein Vogel, der die Frucht des Roten Holunders verspeist und so die Samen unverdaut in seinem Magen-Darm-Trakt transportiert (rechts)

Quellen: Sputniktilt - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27527367 (links) und ©Nataba - stock.adobe.com (rechts)


Die Bedecktsamer teilt man traditionell in die zwei Gruppen auf:

  • Monokotyledonen (23% der Arten, z.B. Gräser): Die Samen enthalten nur ein Keimblatt

  • Dikokotyledonen (75% der Arten, die meisten Wildkräuter und alle Laubgehölze Mitteleuropas): Die Samen enthalten zwei Keimblätter

Die Systematik ist aber mittlerweile etwas komplizierter geworden. So werden die Dikotyledonen in Magnoliopsida (u.a. Gattung der Magnolien) und Eudikotyledonen aufgeteilt.


Im Pliozän (vor ca. 3 Mio. Jahren) existierten schliesslich bereits die meisten heute vorkommenden Pflanzenarten. Seither hat keine grosse Evolution mehr stattgefunden. Stattdessen war die Vegetationsgeschichte durch die regelmässigen Zyklen von Eiszeiten und Warmzeiten mit Änderungen der Verbreitungsareale und dem Aussterben von Arten geprägt. Doch das ist eine andere, spannende Geschichte. Diese erfährt du im Blog-Artikel Geschichte der Flora Mitteleuropas


Quellen


Joachim W. Kadereit, Christan Körner, Benedikt Kost und Uwe Sonnewald (2014) – Strasburger Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 37. Auflage, ISBN 978-3-642-54435-4 (eBook)


Rene Fester Kratz (2013) – Allgemeine Botanik für Dummies, 1. Auflage 2013, ePDF ISBN 9783527668083


Wolfgang Frey und Rainer Lösch (2010) - Geobotanik, 3. Auflage, ISBN 978-3-8274-2335-1


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