Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis aggr.)
Familie: Nachtkerzengewächse (Onagraceae), Gattung: Nachtkerze (Oenothera)
Quelle: bearbeitet aus Wikipedia (Public Domain)
Lebenszyklus: Pflanze 2-jährig, bildet im ersten Jahr nur eine Grundrosette (ohne Blüte), im 2. Jahr treibt sie als Grundrosette aus und richtet sich danach auf (Blätter dann wechselständig) und bildet am Ende des Stängels den Blütenstand.
Blätter: lanzettlich, am Grund ausdünnend, oft blaugrün-glänzend, bis 15cm lang, sitzend, Blattrand ganzrandig bis gesägt (siehe Bestimmungsmerkmale Blätter)
Blattmuster: gegen den Grund breiter werdende, weisse Mittelscheitel, Seitennerven zweigen meist im stumpfen Winkel ab und biegen sich dann längs zur Blattachse um, Nerven z.T. rötlich
Stängel: dicht drüsenhaarig
Blüten: in endständiger Traube oder Rispe angeordnet, 4 leuchtend gelbe Kronblätter, die sich überlappen, Kelchblätter zurückgeschlagen, 4 zusammengewachsene Fruchtblätter verzweigen sich in der kreuzförmig ausbreitenden Narbe, blüht Juni bis September (siehe genereller Aufbau Blüten)
Früchte: braune (unreif grüne), längliche (bis 3cm lange) Kapselfrucht, öffnet sich durch Spreizen
Wurzel: fleischige Pfahlwurzel, rötlich überlaufen
Vorkommen allgemein: helle, trockene, eher kalkhaltige Standorte
typische Standorte: Ruderalflächen, Strassenränder, Wegränder, Ufer
Giftigkeit: alle Pflanzenteile ungiftig
gefährliche Verwechslungen: keine :-)
Inhaltsstoffe: Flavonoide, Schleimstoffe, Gerbstoffe, in dem Samen mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Gamma-Linolensäure) (mehr über sekundäre Pflanzenstoffe)
Wirkungen: Heilwirkungen werden vor allem den Samen, bzw. dem daraus hergestellten Nachtkerzenöl zugeschrieben. Die enthaltene «Gamma-Linolensäure» ist eine mehrfach ungesättigte Fettsäure und gilt deshalb als «gesundes Fett». Vom Einbezug des Nachtkerzenöls in der Ernährung dürfen aber keine Wunder erwartet werden (auch wenn es, wie vieles andere, gerne als Wundermittel vermarktet wird!). Studien zeigen eine Wirksamkeit bei der Langzeit-Behandlung von Neurodermitis.
Quellen: Grundrosette: Ziounclesi - Own work, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4499475; Blüte nah: 阿橋 HQ - 月見草 Oenothera biennis [溫哥華哥倫比亞大學植物園 UBC Botanical Garden, Vancouver], CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91907072; reifer Fruchtstand: AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=99661266; Wurzel: Ziounclesi - Own work, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4499481; Wurzel in der Küche: ©Diana - stock.adobe.com
Die Gemeine Nachtkerze stammt ursprünglich aus Nordamerika (in Europa also ein Neophyt) und kam erst im 17. Jahrhundert zu uns nach Europa. Von den amerikanischen Ureinwohnern wurde die Pflanze schon deutlich länger geschätzt und verwendet.
Sie stellt eigentlich eine Gruppe von Arten mit ähnlichen Eigenschaften dar. Die häufigsten sind dabei die «Gewöhnliche Zweijährige Nachtkerze» (Oenothera biennis) und die «Lamarcks Nachtkerze» (Oenothera glazioviana). Dessen wichtigsten Unterschiede sind:
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Oenothera biennis: Stängel, Kelchblätter und Früchte meist ohne roten Flecken, Narben kürzer als Staubblätter, Kronblätter 2-3cm
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Oenothera glazioviana: Stängel, Kelchblätter und Früchte meist mit roten Flecken, Narben länger als Staubblätter, Kronblätter 3-6cm
Die Gemeine Nachtkerze blüht den ganzen Sommer lang indem sie den Blütenstand Schritt für Schritt nach oben verlängert: Während sich im unteren Bereich bereits Früchte gebildet haben, findet man oben meist noch frische Blüten, bzw. Blütenknospen. Weil die Nachtkerze bei der Bestäubung auf Nachtfalter setzt, sind ihre Blüten v.a. in der Nacht aktiv. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Blütezeit einer einzelnen Blüte meist nur eine Nacht dauert. Die Blütenknospen öffnen sich dabei in den Abendstunden sehr rasch, d.h. innerhalb von wenigen Minuten (siehe Video). Wann genau sich jeweils eine Blüte öffnet ist von den Witterungsbedingungen abhängig. Die anschliessende Bestäubung läuft sehr geordnet ab: Erst wenn die Pollen von den Insekten abgestreift wurden, breiten sich die Narben der Fruchtblätter aus. Die Blütezeit endet dann meistens am nächsten Tag um die Mittagzeit. Danach machen sie nur noch einen verwelkten Eindruck, während sich weiter oben neue Blütenknospen für die kommende Nächte in Stellung bringen. Dabei werden über den Sommer viele Blüten, bzw. später Früchte gebildet. Letztere enthalten je bis zu 200 Samen und so kann sich die Nachtkerze auf Rudelflächen sehr rasch ausbreiten.
Nebst der spannenden Blütenökologie ist die Nachtkerze auch einfach eine tolle essbare Wildpflanze. Nahezu alle Pflanzenteile sind dabei verwendbar und schmackhaft. Früh im Jahr sind es vor Blätter und Stängel, danach über den Sommer Blütenknospen und Blüten, bzw. ab Ende Sommer und im Herbst die unreifen Früchte oder die Samen der reifen Früchte. Ebenfalls im Herbst ist es Zeit, die Wurzeln zu ernten.
Verwendung
junge Blätter (vor der Blüte): als Salat, Gemüse, Suppe
Stängel: jung roh (vorher schälen) oder als Gemüse
Blütenkospen: Nascherei direkt vor Ort, als Beigabe oder Gemüse
Blüten: als Tee (Blütezeit am Abend, Nacht oder Vormittag erwischen!), essbare Dekoration
unreife (noch grüne) Früchte: als Gemüse
Samen: als Gewürz, ausgepresst zu Nachtkerzenöl
Wurzel: roh (z.B. im Salat) oder als Gemüse (verfärbt sich beim Kochen rötlich)
Diese sind vom Herbst des 1. Jahres oder noch früh im 2. Jahr zu ernten, dann sind sie am gehaltvollsten und noch nicht verholzt.
mögliche Verwechslungen
Kleinblütige Nachtkerze (Oenothera parviflora aggr.) - ungiftig/essbar, ähnliche Verwendung
Gemeinsamkeiten (u.a.)
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sehr ähnlich
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ähnliche Standorte
Unterschiede
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Blätter lanzettlicher (5-10x so lang wie breit)
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Kronblätter nur 0.5-1.5cm lang
Quelle: bearbeitet aus TeunSpaans assumed (based on copyright claims). - No machine-readable source provided. Own work assumed (based on copyright claims)., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=473554
Quellen
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Flora Helvetica für Smartphones und Tablets Version 2.3.1 (2021)
Lars Konarek (2017) – BUSHCRAFT, Survivalwissen Wildpflanzen Europas, e-ISBN 978-3-7020-2002-6
Manuel Larbig (2021) – Mein Wildkräuter-Guide, Von Rauke, Rapunzel und anderen schmackhaften Entdeckungen am Wegesrand, ISBN 978-3-641-26980-7
Rita Lüder (2018) – Grundlagen der Feldbotanik, Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen, 2. Auflage 2022, ISBN 978-3-258-08262-2
Rudi Beiser (2014) – Unsere essbaren Wildpflanzen, Bestimmen, sammeln und zubereiten, ISBN 978-3-440-14514-2.
Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann und Roland Spiegelberger (2020) – Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen, 2000 Pflanzen Mitteleuropas, Bestimmung, Sammeltipps, Inhaltsstoffe, Heilwirkung, Verwendung in der Küche, 12. Auflage, ISBN 978-3-03800-752-4.