Silber-Weide (Salix alba)
Familie: Weidengewächse (Salicaceae), Gattung: Weiden (Salix)
Quelle: bearbeitet aus Wikipedia (Public Domain)
Blätter: wechselständig, lanzettlich (4-6x so lang wie breit), spitz, gegen den Grund verschmälernd, 5-8cm lang, sehr fein gezähnt, OS leicht behaart, helle Mittelscheitel und schwache rundliche Seitennerven, US dicht seidig behaart (Haare parallel angeordnet und dadurch glänzend) bzw. gegen Sommer verkahlend (jedoch nicht vollständig) (siehe Bestimmungsmerkmale Blätter)
Habitus: Baum bis 20m Höhe (selten Strauch), Krone bei jungen Bäumen kegelförmig, im Alter dann formlos mit weit ausladenden Ästen, die sich spitzwinklig verzweigen
Stamm: graubraun, netzrissig
junge Zweige: gelb- bis rotbraun (später grüngrau), an der Triebspitze fein behaart, sonst kahl und glänzend, sehr biegsam
Blüten allgemein: zweihäusig (diozöisch, nur entweder männliche oder weibliche Blüten pro Pflanze)
jeweils in zylindrischen, oft aufrechten, ca. 3-6cm langen Kätzchen (Weidenkätzchen) angeordnet
Tragblätter der Einzelblüten nur leicht behaart
blüht April / Mai, erscheinen mit den Blättern
männliche Blütenstände: gelbe Staubblätter
weibliche Blütenstände: hellgrün, Fruchtknoten kahl
Frucht: Kapselfrucht, kahl, 4-6mm lang, mit sehr kleinen Samen, denen lange Flughaare angehängt sind, ab ca. Juni/Juli reif
Vorkommen allgemein: halbschattige, nährstoffreiche, nasse (wechselfeuchte, bzw. periodisch fliessendes Bodenwasser führende), kalkhaltige Standorte
typische Standorte: Bachufer, Auenwälder
Inhaltsstoffe: Gerbstoffe, Salicin, Flavonoide
Quellen: AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27087769 (Blätter), AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50282549 (Blattoberseite), AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50282651 (Blattunterseite), AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51480619 (ältere Blätter), Димитър Найденов / Dimìtar Nàydenov - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=112792094 (Habitus), Quelle: focus finder – stock.adobe.com (Kopfweide), ДимитърНайденов / Dimìtar Nàydenov - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=110490526 (Zweig), ДимитърНайденов / Dimìtar Nàydenov - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=112412766 (Borke), AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=57692030 (Blüten männlich), AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39721072 (Blüten weiblich) und Димитър Найденов / Dimìtar Nàydenov - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=98921527 (Früchte)
Innerhalb der Gattung der Weiden (Salix) gibt es in Mitteleuropa ca. 30 Arten. Die meisten bevorzugen feuchte bis nasse Standorte und sind typische Pioniergehölze. Zu finden sind sie als Bäume oder Sträucher vor allem in der Weichholzaue der Auenwälder und an Bachufern. Mit ihren weichen, biegsamen Zweigen stellen Hochwasserphasen mit einer (periodischen) Überflutung und hoher Strömungsgeschwindigkeit für die Silberweide kein Problem dar. Brechen sie dennoch ab, sind die Weiden generell sehr regenerationsfähig, d.h. sie bilden durch Stockausschlag rasch wieder neue Triebe. Die Äste wurden früher wegen der hohen Biegsamkeit zum Flechten (z.B. von Körben, Zäunen, Gerüst für Lehmhäuser, etc.) genutzt. Abgebrochene Äste selbst können sich am Boden neu bewurzeln und sich so als Klon vermehren. Die Wurzeln sind als Anpassung an die hohe Strömung bei Hochwasser sehr kräftig ausgebildet. Weiden eignen sich deshalb besonders gut zur Uferbefestigung.
Aus regelmässig beschnittenen Exemplaren entwickelt sich eine spezielle Wuchsform, die «Kopfweide» genannt wird. Dessen Hauptstämme, die sich mit der Zeit aushöhlen, bieten dabei Unterschlupf für Fledermäusen oder Eulen.
Innerhalb der Gattung der Weiden gibt es auch viele Zwergsträucher, dessen Vorkommen sich auf die höheren Lagen der Gebirge beschränkt (z.B. auf feucht bis nassem Blockschutt oder kiesigen Bachablagerungen).
Die kleinen Einzelblüten sind in Blütenständen, d.h. den charakteristischen «Weidekätzchen» angeordnet. Praktisch alle Weidenarten sind zweihäusig, d.h. die Exemplare haben entweder nur männliche oder nur weibliche Blüten. Die kleinen Einzelblüten sind sehr unscheinbar und haben weder Kron- noch Kelchblätter. Typisch sind jedoch Tragblätter in deren Achseln. Die männlichen Blütenstände (mit meist 2 gelben Staubblätter pro Blüte) sind meist von gelblicher, bzw. die weiblichen Blütenstände (mit 2 zusammengewachsenen Fruchtblätter pro Blüte) von hellgrüner Farbe. Die Bestäubung erfolgt mehrheitlich durch Insekten. Um diese anzulocken sind an der Basis der Blüten jeweils Nektardrüsen vorhanden. Die Samen, die sich in Kapselfrüchten befinden, werden schliesslich mit dem Wind verbreitet. Dazu ist ihnen jeweils eine dichte Haarpracht angehängt.
Die Bestimmung der einzelnen Weidenart ist meist ein schwieriges Unterfangen. Dies weil es einerseits sehr viele Arten gibt, andererseits weil sich diese untereinander kreuzen können und so Hybride ausbilden.
Weiden als Heilpflanze: Die Weidenarten enthalten vor allem in der Rinde Salicin. Dieses wird erst im Darm von Bakterien in Salicylalkohol (Saligenin) und später in der Leber zu Salicylsäure umgewandelt. Diese Salicylsäure hat einen schmerzstillenden, endzündungshemmenden und fiebersenkenden Effekt. Entsprechende Heilanwendungen mit Weidenrinde (resp. Tee aus der Rinde von jungen Zweigen) sind in bis zu 5'000 Jahre alten Schriften der alten Hochkulturen Mesopotamiens und bei den Ägyptern dokumentiert. Auch in den europäischen Kulturen der Antike und im Mittelalter wurden die Wirkungen der Weidenrinde zu Heilzwecken genutzt. Meist wurde dazu die Silber-Weide oder die Purpur-Weide verwendet. Mittlerweile geht man davon aus, dass an der Heilwirkung nicht nur das Salicin, sondern auch weitere in der Rinde enthaltene (Hilfs-)Stoffe, wie z.B. Flavonoide, beteiligt sind.
Anfang des 19. Jahrhundert gelang es den Chemikern erstmals die Salicylsäure zu isolieren und synthetisch herzustellen. Diese ist jedoch sehr bitter und dessen Einnahme wirkt auf den Magen stark reizend, bzw. kann Brechreit auslösen. Im Jahr 1853 hat der Chemiker Charles Frédéric Gerhardt das Molekül chemisch leicht modifiziert und zwar zur Verbindung «o-Acetylsalicylsäure». Der Firma Bayer gelang es dann im Jahr 1897 schliesslich ein Syntheseverfahren herzustellen, bei dem reine «o-Acetylsalicylsäure» (ohne unerwünschte Nebenprodukte) entsteht. Als dann Untersuchungen bestätigten, dass es sich bei diesem Stoff eine verträglichere Alternative zur Salicylsäure handelt, wurde daraus das Medikament Aspirin entwickelt.
Quelle: focus finder – stock.adobe.com
Aspirin ist zweifelslos die bessere Alternative zur synthetisch hergestellten Salicylsäure, hat bei regelmässiger Einnahme jedoch trotzdem diverse Nebenwirkungen wie Reizungen der Magen- und Darmschleimhaut, Bluten im Magen-Darmtrakt oder Magengeschwüre. Doch wie sieht es mit dem traditionellen Weidenrinde-Tee aus? Ist dieser die natürliche und bessere Alternative zum Aspirin? Wichtig ist erstmal, dass man sich im vornherein nicht gleich vom «Naturargument» blenden lässt, denn «natürlich heisst nicht automatisch besser»! Grundsätzlich ist die Einnahme von Weidenrinden-Tee für den Magen deutlich verträglicher als bei Aspirin. Die erwünschte Wirkung ist jedoch schwächer und tritt jedoch deutlich später ein (da Salicin erst im Körper aufgespalten werden muss), was den Weidenrinden-Tee zwar für die Anwendung chronischer Beschwerden interessant macht, bei akuten Schmerzen jedoch von Nachteil ist. Leute, die auf Aspirin allergisch oder mit Asthma reagieren, werden dies übrigens auch auf den Weidenrinde-Tee tun. Langfristige Nebenwirkungen bei langfristiger Einnahme von Weidenrindentee wurden bisher nicht wissenschaftlich untersucht.
Verwendung
Die Silber-Weide gilt als die aromatischte und am wenigsten bittere Weidenart.
ganz frische Blätter: jung als Beigabe im Salat, gegart als Gemüse (nur in kleinen Mengen verwenden, da bitter und in hohen Mengen unbekömmlich)
ältere Blätter: getrocknet als Tee
Weidenkätzchen: Beigabe im Salat (sind nicht so bitter wie die Blätter)
Rinde junger Zweige: zu Heilzecken als Tee (schmerzlindernd, entzündungshemmend, fiebersenkend). Dazu wird ein Teelöffel fein zerkleinerter (getrockneter) Rinde mit 150ml kochenden Wasser übergossen und 20min ziehen gelassen. Das Ganze soll täglich ca. 3-5x wiederholt werden. Es sind in der Apotheke auch Fertigpräparate (in Form von Kapseln) erhältlich. Achtung: nicht bei Kindern <12 Jahren anwenden!
mögliche Verwechslungen
Folgende Merkmale deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine Silber-Weide handelt:
-
Blätter über 8cm lang, über 6x so lang wie breit
-
Blattrand umgerollt
-
Blätter kahl, Blattunterseite nicht seidig-glänzend
-
Blüten erscheinen vor den Blättern
-
Blüten der Weibliche Kätzchen mit langen Tragblättern
-
Blütenstände zwittrig
-
strauchartiger Wuchs
Trauerweide (Salix x sepulcralis) – mit Vorsicht essbar
Es handelt sich um eine Kreuzung zwischen der Silber-Weide (Salix alba) und der Echten Trauerweide (Salix babylonica). Letztere stammt aus Ostasien Die Trauerweide (Salix x sepulcralis) ist nicht mit einer Zuchtform der Silber-Weide (Salix alba) namens «Tristis» zu verwechseln, die ebenfalls hängende Zweige aufweist, bzw. ebenfalls «Trauerweide» genannt wird.
Gemeinsamkeiten (u.a.)
-
Blätter lanzettlich
-
Baum (jedoch meist <10m hoch)
Unterschiede
-
Blätter bis 15cm lang
-
Zweige hängend
-
Blüten meist zwittrig
Quellen: zusammengesetzt und bearbeitet aus Agnieszka Kwiecień, Nova - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118401096 (Habitus) .Agnieszka Kwiecień, Nova - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=121935153 (Blätter) und Weepingraf - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9558814 (Kätzchen)
Lavendel-Weide (Salix elaeagnos) – mit Vorsicht essbar
Gemeinsamkeiten (u.a.)
-
Blätter lanzettlich, fein gezähnt, US behaart
-
Vorkommen in Auenwäldern / an Ufern
Unterschiede
-
Blätter länger (bis 15cm), lanzettlicher (6-20x so lang wie breit), Blattrand nach unten gerollt (wie bei Korbweide)
-
US graufilzig behaart (nicht seidig-glänzend), nicht gegen Sommer verkahlend
-
meist Strauch (selten aber auch Baum bis 16m Höhe)
-
blüht bereits ab März (meist vor dem Blattaustrieb)
-
weibliche Blüten mit langen, dachziegelartig angeordneten Tragblättern (wie bei Korbweide)
-
Vorkommen auf hellen, nährstoffarmen Standorten (u.a. auch auf Kiesbänken oder in Steinbrüchen)
Quellen: zusammengesetzt und bearbeitet aus AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51030406 (Blätter), Robert Flogaus-Faust - Own work, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=75951453 (Blattrand) und AnRo0002 - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77778492 (weibliche Kätzchen)
Korbweide (Salix viminalis) – mit Vorsicht essbar
Gemeinsamkeiten (u.a.)
-
Blätter lanzettlich, fein gezähnt, US behaart und seidig-glänzend
-
Vorkommen in Auenwäldern / an Ufern
Unterschiede
-
Blätter länger (bis 15cm), lanzettlicher (6-20x so lang wie breit), Blattrand nach unten gerollt (wie bei Lavendel-Weide)
-
US nicht gegen Sommer verkahlend
-
meist Strauch
-
blüht März /April vor dem Blattaustrieb
-
weibliche Blüten mit langen, dachziegelartig angeordneten Tragblättern (wie bei Lavendel-Weide)
-
z.T. als Gebüsch / Hecke angepflanzt
Quellen: zusammengesetzt und bearbeitet aus Pleple2000 - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7936230 (Blätter) und Krzysztof Ziarnek, Kenraiz - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=101865776 (Kätzchen)
Purpurweide (Salix purpurea) – mit Vorsicht essbar
Gemeinsamkeiten (u.a.)
-
Blätter lanzettlich
-
Vorkommen in Auenwäldern / an Ufern (wobei eher helle und nicht so nasse, d.h. eher feuchte Standorte bevorzugt werden)
Unterschiede
-
Blätter verkehrt-eilanzettlich (gegen die Spitze am breitesten) z.T. länger (4-12 cm lang), z.T. lanzettlicher (3-10x so lang wie breit), nur vorne gezähnt
-
US blaugrün, beidseitig kahl!
-
ohne Nebenblätter
-
Strauch (bis 6m hoch)
-
Zweige sehr dünn und z.T. mit purpurner Färbung
-
blüht März bis Juni, Blüten erscheinen vor dem Blattaustrieb
-
Kätzchen dicht behaart, Staubblätter und Narben zu Beginn (vor Aufblühen) purpurn
Quellen: zusammengesetzt und bearbeitet aus MurielBendel - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=44254609 (Blätter), Dinkum - Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21882003 (Blatt) und Gorupka from Slovenia - Mačice v cvetu, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27228575 (Kätzchen männlich)
Quellen
Dietrich Frohne (2021) – Heilpflanzenlexikon, Ein Leitfaden auf wissenschaftlicher Grundlage, 9. durchgelesene Auflage 2021, ISBN 987-3-8047-4200-0 (E-Book)
Dr. Jörg Grünwald und Christof Jänicke (2004) – Grüne Apotheke, das Standartwerk zur Pflanzenheilkunde, 3. Auflage 2021, ISBN 978-3-8338-4541-3
Flora Helvetica für Smartphones und Tablets Version 2.3.1 (2021)
Johannes Vogel (2017) - Pflanzliche Notnahrung, Survivalwissen für Extremsituationen, 2. Auflage 2017, ISBN 978-3-613-50763-0
Rita Lüder (2018) – Grundlagen der Feldbotanik, Familien und Gattungen einheimischer Pflanzen, 2. Auflage 2022, ISBN 978-3-258-08262-2
Steffen Guido Fleischhauer, Jürgen Guthmann und Roland Spiegelberger (2020) – Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen, 2000 Pflanzen Mitteleuropas, Bestimmung, Sammeltipps, Inhaltsstoffe, Heilwirkung, Verwendung in der Küche, 12. Auflage, ISBN 978-3-03800-752-4
https://de.wikipedia.org/wiki/Silber-Weide
https://de.wikipedia.org/wiki/Kopfweide
https://de.wikipedia.org/wiki/Echte_Trauerweide
https://de.wikipedia.org/wiki/Acetylsalicylsäure
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Acetylsalicylsäure
https://medizin-transparent.at/weidenrindentee-alternative-zu-aspirin/
https://www.apotheken-umschau.de/medikamente/heilpflanzen/weide-weidenrinde-736507.html